Gaswerk, Winterthur
Die ganz grossen Fat-Knaller wie NOFX oder Lagwagon waren zwar nicht zu bestaunen an der diesjährigen Tour des höchstsympathischen “Fat Wreck Chords“ Labels, aber nichtsdestotrotz versprach das Line Up einiges. Mit der Ansicht stand ich nicht alleine da, für einen Donnerstagabend war das Gaswerk sehr gut gefüllt!
Da ganze fünf Bands auf dem Programm standen, ging es pünktlich um 19:45 los, die italienische Ska-band Persiana Jones spielte auf. In ihren einheitlichen roten Band-Hemden legten die Turiner los. Und obwohl sie etwas unmotiviert, phlegmatisch und beinahe etwas arrogant auf der Bühne standen, kam ihre Musik sehr gut an, denn musikalisch haben die Jungs wirklich was drauf! Zwar hätte die Coverversion von Ricky Martin, “Livin la vida loca“ nicht sein müssen, aber immerhin kam man dadurch mit charmanten Girls ins Gespräch, die behaupteten, die Band singe auf Spanisch...nun, mehrheitlich sangen sie aber zu Recht in italiano. Die vielen Skafans im Gaswerk waren zum ersten Mal begeistert! Dem machte auch die Tatsache keinen Abbruch, dass es die Band als notwendig erachtete, etwa 30 mal zu proklamieren, dass sie Persiana Jones heissen...
Nach kurzer Umbaupause legten auch The Flipsides gleich los, ein amerikanisches Trio um Frontfrau Sabrina Stewart, das hierzulande noch nicht wirklich bekannt ist, was sich auch durch die penible Show heute kaum ändern dürfte. Die Frontfrau mit ihren Pippi-Langstrumpf-Zöpfen und einer quäkenden Stimme nervte zusätzlich damit, dass sie nach jedem Song etwas an der Soundqualität zu kritisieren hatte und den völlig verwirrten Mann am Mischpult arg ins Schwitzen brachte, obwohl der Sound wohl das Beste an der Darbietung war. Zum Glück nutzten sie nicht einmal ihre halbe Stunde voll aus und ebenso unscheinbar und lustlos, wie sie spielten, waren The Flipsides auch wieder verschwunden, puh!
Wenn sich jemand über den Sound hätte beklagen dürfen, dann die nachfolgenden Lawrence Arms, deren Abmischung leider wirklich alles andere als perfekt war. Das Schlagzeug war viel zu laut, währenddem man die Gitarre und den zweistimmigen Gesang kaum wahrnehmen konnte. Deswegen ging die Klasse des amerikanischen Trios leider etwas unter...nichtsdestotrotz war die Genialität und der Charme gewisser Songs deutlich rauszuhören, beispielsweise aus dem kurzen, wunderbaren „...presenting the dancing machine“. Die Band kam sehr sympathisch rüber, und bei jeder einzelnen Note war zu spüren, dass da wirklich noch viel Spass dabei ist! Von The Lawrence Arms wird man bestimmt noch einiges hören!
Eigentlich hätte man nun mal eine kurze Ruhepause gebraucht, aber nichts da, schon ging es weiter im Takt mit Rise Against, ursprünglich eine Nachfolgeband von 88 Fingers Louie, deren neues, sehr empfehlenswertes Album “Revolutions Per Minute“ vor kurzem erschienen ist. Auf den ersten Blick war ich schon erstaunt über die Unscheinbarkeit des schmächtigen Sängers, denn bis anhin kannte ich nur sein kraftvolles, voluminöses Stimmorgan. Und jetzt soll dieser Beau da vorne so singen können? Nun ja, er konnte!! Rise Against stellten ihr neues Album sehr würdig vor, und Hits wie der Opener “Black mask and gasoline“, “Heaven knows“ oder “Like the angel“ spielten sie punktgenau! Auch die Highlights ihres Debutalbums “The Unraveling“ vergassen Brandon, Tim, Joe und Todd nicht, so das grossartige “Everchanging“. Schade, dass Rise Against bei einigen Konzertbesuchern nicht so gut ankamen, und deswegen der letzte Funke nicht überspringen wollte, aber das ist wohl einfach so, wenn so unterschiedliche Bands wie Rise Against und die Mad Caddies miteinander auf Tour gehen.
Ja, die Mad Caddies, die waren der Headliner der Fat-Tour und kurz vor 23:00 betraten sie die Bühne zu einem gut einstündigen Streifzug durch ihre fünf Alben. Schon bei den ersten Klängen von “Road Rash“ war das Gaswerk völlig aus dem Häuschen, und die nächste Stunde sollte eine perfekte, friedliche Party werden, die schlicht und einfach perfekt war! Mit Herz und Seele und Spass an der Freude spielten die sechs Caddies. Die beiden Bläser schwitzten Rotz und Wasser, trafen aber jede Note, was wirklich was heissen will, bei den komplexen, vor allem auch im Tempo sehr stark variierenden Songs der Band. Sänger Chuck konnte trotz deutlichem Übergewicht immer noch flotte Sprüche und Tänzchen zelebrieren, und das Publikum tanzte und sang selig mit. Natürlich spielten die Mad Caddies einige Songs ihres neuen Werks “Just one more“, meines Erachtens ihre beste Platte überhaupt! So rockten “Villains“ und “Leavin’“ besonders. Überhaupt war die Songauswahl ziemlich perfekt, alle Alben wurden berücksichtigt, glücklicherweise auch die EP “Holiday has been cancelled“ mit dem Gänsehautsong “Falling Down“. Wenig überraschend kamen die Hits der ersten beiden Mad Caddies-Platten “Quality Soft Core“ und “Duck and Cover“ am besten bei der tanzwütigen Masse an. Bei Hits wie “Goleta“, “No Hope“ oder dem Highlight des ganzen Konzerts, “Econoline“ kann man auch wirklich nicht anders, als das Tanzbein zu schwingen.
Das junge Publikum liess seine Helden erst verschwinden, nachdem man zusammen einen Song kreiert hatte (o-o-o-o-o) und die bierzeltselige Zugabe “All American bad ass“ ausgeklungen war.
Fazit des Abends: Die Mad Caddies sind definitiv in der Gilde der Grossen angekommen, das war echt beeindruckend, wie die Band gefeiert wurde, und wie viele Menschen die Songs auswendig kannten! Sie haben die diesjährige Fat-Tour gerettet, und den Abend doch noch zu einem wirklichen Erlebnis gemacht. Die vier anderen Bands waren zwar meist ganz nett, aber irgendwie eben nicht überragend.
By
Fabian
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