Box, Davos
Diesen Samstag war mal wieder eine fette Hardcore-Show angesagt. 4 Bands im Box in Davos, von denen ich zum Teil nur gehört habe. Also, Schlafsack gepackt und mit den Kollegen von MIMICRY mit 3 i und vollgas in die Berge gefahren. Beim autonomen Jugendhaus an der Bobbahnstrasse 8 in Davos angekommen, und zuerst mal eine Stunde vor verschlossener Tür rumgehangen. Der Typ sagte so zwischen 4 und 5 Uhr. Etwas nach 5 ist dann der Koch als Erster angekommen und liess uns in die Box rein. Ein kleinerer Saal mit der Bühne im Eck, einer langen Bar, Stühlen und Polstergruppen, echt gemütlich. Knolle der Koch machte sich sogleich an die Arbeit, und wir machten uns über den Jöggelitisch-Kickerkasten her. Die anderen Bands trudelten nach und nach ein, doch es dauerte ewig bis die Backline vom Club komplett stand. Kein Thema, wir haben dafür super Abendessen bekommen, und mit knapp einer Stunde Verspätung fing die Show dann auch an.
MIMICRY waren als Erste dran und knallten um 21uhr los mit Metalmosh-Riffs und derbem Geknüppel. Bei dieser Band sticht einem sogleich der Hohe Frauenanteil ins Auge. Es spielen genau gesagt 3 Frauen in der Band, zwei Gitarristinnen und eine etwas üppige Sängerin, Schreierin. Die eine Gitarristin mit den kurzen schwarzen Haaren vollzog während der Show die wildesten Schwingereien mit ihrer Axt. Ein Wunder dass sie sich nie im Tarnnetz verfangen hat, das ziemlich tief über der Bühne hing. Die andere Gitarristin hatte schöne lange Haare und spielte auch gut. Der grosse Bassist fiel dafür mit noch längeren Haaren auf, welche er, zu brutalen Bewegungen, windmühlenartig herumwirbelte. Insgesamt gab diese junge Band aus Zürich ein furchteinflössendes Bild ab und moshten wie die Sau. Die Anwesenden waren vom Sound angetan, vor der Bühne tanzten ein paar Jungs ziemlich hart. Die Sängerin schrie sich die Seele vom Leib und mischte die Leute vorne auf. Doch als sie einen Stagedive machte, wollte sie niemand auffangen. Sie ist danach total cool wieder aufgestanden und machte genauso krass weiter wie zuvor, als wäre gar nichts gewesen. Zum Schluss demonstrierte der Drummer noch seine Asi-Qualitäten und kippte ganz spontan und kurzerhand das Schlagzeug um. Die Show hat mich echt beeindruckt. MIMICRY, diesen Namen sollte man sich merken.
Als Nächste waren REACH MY HAND dran, kredenzten uns Tuffguy-Moshcore in bester Form und schlugen damit einige Funken. Die tanzenden Zuschauer machten einen Circlepit nach dem anderen. Die Menschen hier in Davos gehen bereits bei den ersten Bands schon derart ab, als wären es die Headliner. Davon könnten sich ne Menge Langweiler eine dicke Scheibe abschneiden. REACH MY HAND drückten auf die Tube, die Shouter Faby und Marius gaben beide volle Kante. Den Wenigsten ist wohl aufgefallen, dass Drummer Pope mit einer Schiene am rechten Bein gespielt hat. Wie macht der Spinner das nur! Diese Germanen aus Wangen haben’s echt drauf, mit ihren Songs eine Bombenstimmung zu entfachen. Davos wollte sie gar nicht mehr von der Bühne lassen.
Dann machte plötzlich die Runde, dass WHAT WOULD YOU DIE FOR?, die einen Teil der Backline gestellt haben, auch noch auftreten würden. Was für eine Bescherung, na dann los! Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Equipment holten die Jungs zum ersten Schlag aus und Wumm! kam der Sound wie ein Gewitter über uns. Verdammt schnell gespielte, verflucht interessante Melodien und Moshparts. Frontmann Rui walzt mit seiner grausamen Stimme alles platt, und mangelnde Fähigkeiten kann man dieser Band sowieso nicht unterstellen. Mit 3 Songs in 15 Minuten zauberten die 4 uns ein Klangfeuerwerk, das einem so bald nicht wieder aus dem Kopf gehen wird. Ich bleibe gespannt auf ihre nächsten Gigs, und wundere mich, wieso die Booker diesbezüglich noch im Winterschlaf schlummern.
FOR HEAVEN’S SAKE übernahmen darauf die Bühne und servierten uns Mosh und Singalongs. Sänger Raffael wechselte zwischen Geschrei und Gesang, und schüttete von der Bühne sein Innerstes nach aussen. Der Typ hat vor 30min. noch bei REACH MY HAND den Bass gezupft und rumgewütet, nun gibt er bei FHS die Frontsau mit vollem Einsatz. Die Band produziert Heftiges von Newschool to Oldschool mit viel Herzblut. Emotional Hardcore werden sie mancherorts geschimpft, dafür hat es meiner Meinung nach zu viele brutale Breakdowns. Der verspielte Sound war arschtight gespielt, man war offensichtich in Spiellaune. Der Pit war am überschäumen, die Leute feierten FOR HEAVEN’S SAKE wie am Tag des jüngsten Gerichts. Bei dieser Truppe reichen die Melodien definitiv bis Wolke 7!
Last but not least spielten THE BLACKOUT ARGUMENT aus München. Bei all den klingenden Namen an Bord waren die Erwartungen entsprechend hoch. Mit dabei sind an den Gitarren Chris Ex-PAINT THE TOWN RED und Chris von SEMANA SANTA, Am Drum sitzt Philipp Ex-FLYSWATTER. Vocalist Sinan dürfte auch nicht gänzlich unbekannt sein, die Meisten erkannten ihn als den Gitarristen der gerade eben aufgetretenen FOR HEAVEN’S SAKE. Bei krampfhaftem Hinhören durfte man bei einzelnen Instrumenten Aspekte obengenannter Bands wiederfinden. Als Ganzes war der Sound jedoch nicht genau einzuordnen, klang frisch und unverbraucht. Die Lieder sind wahrhafte Hymnen zum Mitsingen, die Stimmung während der Show war einmal mehr Top, der niemals sterbenden Energie der Davoser sei Dank. Gegen Ende wurden mit einem SNAPCASE-Cover noch die musikalischen Wurzeln offengelegt. Nach dem letzten Song liessen sich THE BLACKOUT ARGUMENT unter tosendem Beifall einmal mehr auf die Bühne holen, um uns ihren neuesten Song (ohne Titel) zu präsentieren. Und das Publikum in Davos wusste dies einmal mehr zu würdigen, indem nochmal getanzt und gefeiert wurde was das Zeug hielt!
Der gesamte Abend war sehr gemütlich, keine Streitereien, keine Unfälle, dafür Festlaune und Bier im Übermass. Wir feierten mit MIMICRY und REACH MY HAND noch bis ins Morgengrauen, und als ich am nächsten Mittag nach viel zu kurzem Schlaf aufgewacht bin, hatten einige noch kein Auge zugetan, man kann sich in der Nacht ja auch anders beschäftigen... (Zitat Lengs: "Ich krieg die Kamera nich an!") Wir haben so viel gelacht und neue Freundschaften gemacht. Alte Freunde getroffen und einfach geatmet und gelebt. Davos, wir kommen wieder!
The Blackout Argument
For Heaven's Sake
What Would You Die For?
Reach My Hand
Mimicry
By
Jay
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